Zur Geschichte der Orgel
Vieles, was die Orgel in der Ahlsdorfer Barockkirche anbetrifft, liegt bis heute im Dunkeln. Der folgende Aufsatz versucht, zur Klärung beizutragen:
Unger, Hans Werner: Zur Geschichte der Orgel in der Barockkirche Ahlsdorf. Fakten und Schlussfolgerungen
Einen kulturhistorischen Exkurs zur Orgellandschaft in der Region können Sie hier unter folgendem Link lesen:
Unger, Hans Werner: Die Orgellandschaft im Norden des Landkreises Elbe-Elster
Gewachsenes bürgerschaftliches Engagement:
Die Interessengemeinschaft Kranichgrund und ihr "Orgelförderkreis Ahlsdorf"
Vor mehr als einem halben Jahrhundert wurde die Orgel in der barocken Patronatskirche durch die Orgelbaufirma Voigt aus Bad Liebenwerda restauriert und zu einem neobarocken Instrument umdisponiert, wobei finanzielle und Materialzwänge dazu führten, dass das Orgelwerk auf ein Manual und Pedal reduziert wurde. Seit den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts traten auch immer deutlicher erhebliche Mängel an der Bausubstanz des Kirchengebäudes durch eindringendes Wasser zutage, vor allem an der Decke des Kirchenschiffs und insbesondere über dem Altar. Mit notdürftigen Reparaturen versuchte die Kirchengemeinde Ahlsdorf, dem Einhalt zu gebieten. Um das Jahr 2000 schließlich zeichnete sich ab, dass der Turm des Gotteshauses der dringenden Sanierung bedurfte. Im Oktober 2002 wurde der Abschluss dieser Maßnahme mit einem Festgottesdienst begangen.
All das trug dazu bei, dass eine kontinuierliche Wartung und Pflege der Orgel in den Hintergrund trat. Das Instrument verfiel zusehends und war schließlich überhaupt nicht mehr spielbar. Mit dieser Situation wollte sich die Kirchengemeinde um ihren Kirchenältesten Joachim Hertel nicht zufrieden geben. Er vertraute auf die Spendenbereitschaft der Ahlsdorfer, organisierte einige Konzerte1) und war bis an sein Lebensende voller Zuversicht, dass die Orgel bald wieder zum Klingen gebracht wird.
Diesem Ziel dienten auch drei Benefizkonzerte, die zwischen 2010 und 2011 mit Dozenten und Studierenden des Instituts für Musikpädagogik der Hochschule für Musik und Theater Leipzig in der Ahlsdorfer Kirche stattfanden und von Hans Werner Unger, vormals wissenschaftlicher Mitarbeiter an Universität und Musikhochschule Leipzig, initiiert wurden.
Eine Zusammenkunft von Ahlsdorfer Kirchengemeindemitgliedern im Juli 2011, mit der ein weiteres Benefizkonzert im Rahmen der Initiative "Musikschulen öffnen Kirchen" vorbereitet wurde, war schließlich die Geburtsstunde des "Förderkreises Barockkirche Ahlsdorf", der sich für die Instandsetzung der Orgel einsetzte.
Als am 20. August 2011 Teile der Decke des Kirchenschiffs herabstürzten und schwere Schäden am Gebäude und an den in ihm befindlichen Kunstschätzen verursachten, musste die Kirche gesperrt werden. Zwar konnte für das anstehende Konzert ein geeigneter Veranstaltungsort gefunden werden, aber es waren andere Prioritäten zu setzen: Jetzt ging es primär nicht darum, die Orgel, sondern das Bauwerk zu sanieren. Diese weitaus größere und schwierigere Aufgabe, die ohne eine hohe Summe an Fördermitteln nicht zu lösen war, erforderte ein übergreifendes, auf die Zukunft gerichtetes Nutzungskonzept, in dem die Ahlsdorfer Kirche mit ihrer Orgel eine zentrale Funktion erlangen soll. Aus dem "Förderkreis Barockkirche Ahlsdorf" heraus bildete sich die "Interessengemeinschaft Kranichgrund", in der sich nun nicht nur Kirchengemeindemitglieder zusammenfanden. Sie strebt den Status als eingetragener gemeinnütziger Verein an und ist zugleich die konzeptionelle und personelle Basis des "Orgelförderkreises Ahlsdorf". In diesem vereinen sich Mitglieder der Kirchengemeinde und weitere engagierte Bürger des Kranichgrunds in dem Bemühen, nachdem die Kirchensanierung im August 2014 abgeschlossen wurde, die Restaurierung der Orgel voranzutreiben und den dafür nötigen Anteil an Eigenmitteln aufzubringen. Diesem Zweck dienen (Benefiz)Konzerte und andere Veranstaltungen2), mit denen kulturelle Höhepunkte gesetzt werden und zugleich die "Kirchenstraße Elbe-Elster" belebt wird, deren "Weg 1: Die gute Botschaft" durch den Kranichgrund führt.
Der Orgelförderkreis Ahlsdorf - für den stellvertretend Dorit Zaffky, Harry Lademann, Dr. Martin Wehner und Hans Werner Unger genannt werden - hat deshalb das Projekt "Orgelpfeifen suchen Paten" ins Leben gerufen, das von ihm organisiert und betreut wird.
(Juli 2015)
Übersicht über die Benefizkonzerte und -veranstaltungen
1) Benefizkonzerte in den Jahren 2006 bis 2008:
- Konzert des Chores Annaburg (25.11.2006)
- Konzert des Chores Hohenbucko (29.09.2008)
- Konzert des Chores Hohenseefeld
2) Benefizkonzerte zwischen 2010 und 2015:
- 1. Benefizkonzert (30.06.2010 A. Sommerfeld / Leipzig, Gesang; H. Saretz / Torgau, Cembalo:
Solokantaten von G.F. Händel und J.S. Bach, Cembalowerke von J.J. Froberger und G.Ph. Telemann
- 2. Benefizkonzert „Konzert zum Advent“ (28.11.2010 Studierende der HMT Leipzig)
- 3. Benefizkonzert „Du meine Seele singe“ (21.05.2011 Studierende der HMT Leipzig: Lieder und
Arien von J.S. Bach, G.Fr. Händel, J. Haydn und F. Mendelssohn-Bartholdy)
- 4. Benefizkonzert „Musikschulen öffnen Kirchen“ (I) (10.09.2011 Kreismusikschule „Gebr. Graun“
Herzberg)
- 5. Benefizkonzert „Siehe, ich verkündige euch große Freude“ (27.11.2011 Studierende der HMT
Leipzig: Kompositionen von J. Vierdanck und F. Mendelssohn-Bartholdy, Lieder und Gospels zum
Advent)
- 6. Benefizkonzert „Musikschulen öffnen Kirchen“ (II) (08.09.2012 Kreismusikschule „Gebr. Graun“
Herzberg)
- 7. Benefizkonzert „Wer mich liebet, der wird mein Wort halten“ (06.10.2013 A. Sommerfeld und
B. Wesolek /Leipzig, Gesang; J. Wicklein / Altenburg, Violine; N. Gerngroß / Leipzig, Orgel und
Cembalo: Werke von G.Fr. Händel, J.S. Bach und G. Muffat)
- 8. Benefizkonzert „Machet die Tore weit“ (30.11.2014 Studierende der HMT Leipzig: Lieder, Arien
und Instrumentalstücke zum Advent)
- 9. Benefizkonzert „Musikschulen öffnen Kirchen“ (III) (14.06.2015 Kreismusikschule „Gebr. Graun“
Herzberg)
Benefizveranstaltungen (Vorträge):
- „Mit dem Fahrrad durch Europa“ ( M. Hellinger und Chr. Unger / Dresden): Reisebericht
26.02.2012 Teil I, 22.04.2012 Teil II)
- „Aus der Geschichte Ahlsdorfs: Von der Ersterwähnung bis zum Ende der Ära von Seyffertitz“
(10.03.2013 G. Zwanzig / Herzberg)
- „Die Sanierung der Ahlsdorfer Kirche. Bilanz und Ausblick“ (20.03.2014 G. Günther / Herzberg)
- „Aus der Geschichte Ahlsdorfs: Vogelpastor Brehm zu Besuch auf Schloss Ahlsdorf“
(15.02.2015 R. Weber / Schönewalde)
Außerdem fanden zwei Benefizkonzerte mit Studierenden der HMT Leipzig für die Instandsetzung
der Orgel in der Kirchengemeinde Hohenkuhnsdorf statt:
- „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ (02.12.2012 Kompositionen zur Adventszeit)
- „Es ist für uns eine Zeit angekommen“ (01.12.2013 Lieder und Instrumentalstücke zum Advent)
(Stand: Juli 2015)
Eine große Aufgabe für eine kleine Kirchengemeinde:
Die Wiederherstellung der vollständigen Spielbarkeit der Ahlsdorfer Orgel
Spätestens seit 2006 war nicht mehr zu überhören, dass die Orgel der Ahlsdorfer Barockkirche reparaturbedürftig geworden war. Nach dem Umbau und einer Sanierung im Jahr 1961 hatte sie zunächst zuverlässig ihren Dienst getan. Aufgrund vernachlässigter Instandhaltung, deren Gründe hier nicht erörtert werden sollen, verschlechterte sich der Zustand des Instruments immer mehr. Es zeichnete sich ab, dass mit einer einfachen Instandsetzung resp. Sanierung der uneingeschränkte Gebrauch im Gottesdienst und in musikalischen Veranstaltungen nicht zu erreichen wäre1).
Bereits seit 2010 wurde in der Kirchengemeinde2) über eine umfassende Restaurierung der Orgel diskutiert und um eine Konzeption gerungen, mit der einerseits die Bewahrung der historischen Substanz, andererseits die Wiederherstellung der vollen Funktionalität gewährleistet werden sollte. Von Anfang an war allen Beteiligten bewusst, dass für ein solch anspruchsvolles Vorhaben beträchtliche finanzielle Mittel - auch als Eigenanteil - aufzubringen sind. Deshalb wurde schon frühzeitig damit begonnen, Geldspenden einzuwerben3).
Umfangreiche Baumaßnahmen am Kirchengebäude in den Jahren 2011 bis 2014 ließen die Orgelproblematik vorerst in den Hintergrund treten. Mit dem Abschluss der Kirchensanierung im August 2014 waren die schließlich auch die baulichen Voraussetzungen für die Orgelrestaurierung gegeben4).
Das Gutachten des Orgelsachverständigen unseres Kirchenkreises vom 16.08.2013, in dem er den Befund dokumentierte und einen ersten Vorschlag zur Baumaßnahme unterbreitete, diente als Grundlage für weitere Beratungen zur Zielstellung der Restaurierung und zur wei-teren Vorgehensweise5). Umfangreiche intensive Erörterungen6) führten schließlich zu folgendem Ergebnis:
1. Angestrebt wird die ästhetische Übereinstimmung von Architektur (Raum) und Musik (Klang). Im vorhandenen barocken Orgelgehäuse des barock geprägten Innenraums soll ein Instrument mit barockem Werkcharakter Platz finden.
2. Im Sinne des Denkmalschutzes ist die historische Substanz zu sichern und auf ihre weitere Gebrauchsfähigkeit (Windladen) bzw. Verwendbarkeit (Pfeifenmaterial) hin zu prüfen.
Dies wurde als Vorgabe den drei namhaften Orgelbauwerkstätten übermittelt, die zwischen Januar und März 2014 Kostenvoranschläge unterbreiteten. Diese Angebote wurden im Gemeindekirchenrat unseres Kirchspiels geprüft. Im Juni 2015 erfolgte schließlich dessen Entscheidung über die Auftragsvergabe an den Mitteldeutschen Orgelbau A. Voigt Bad Liebenwerda, das Angebot 3a (Barock, zweimanualig) zu realisieren.
Hier zum Vergleich die grundlegende klangliche Ausrichtung der Angebote (Dispositionen):
Angebot 1 ("klanglich barocke Ausrichtung mit Bezug zum Gehäuse und Fassung des Innenraums")
Hauptwerk (I. Manual) | Hinterwerk (II. Manual) | Pedal |
Rohrflöte 8´ (neu) | Gedackt 8´ (alt) | Subbaß 16´ (neu) |
Prinzipal 4´ (teilweise neu) | Spitzflöte 4´ (neu) | Prinzipalbaß 8´ (neu) |
Nasat 2 2/3´ (neu) | Prinzipal 2´ (alt) | |
Blockflöte 2´ (neu) | Sifflöte 1 1/3´ (alt) | |
Mixtur 3fach (alt) |
Koppeln: II/I, I/P, II/P; optional: zusätzlicher Einbau einer Terz 1 1/3´im Hauptwerk, so dass mit Nasat 2 2/3´ein Cornett-Klang möglich wird
keine Wiederverwendung der vorhandenen Windladen, aber Verwendung vorhandenen Pfeifenmaterials
Angebot 2 („klanglich barocke Ausrichtung, einmanualig“)
Manual | Pedal | |
Principal 8´ | Subbaß 16´ | |
Gedackt 8´ | Octavbaß 8´ | |
Octave 4´ | Posaune 8´ | |
Nassat 3´ (2 2/3´) | ||
Octave 2´ | ||
Cornett 3fach | ||
Mixtur 1 1/3´ |
Angebot 3a (“… barocke Klangstilistik mit 2 Manualen und Pedal unter Wiederverwendung der 3 historischen Windladen des Orgelbauers Nicolaus Schrickel und Pfeifenmaterial des historisch gewachsenen Bestandes“)
Hauptwerk (I. Manual) | Oberwerk (II. Manual) | Pedal |
C bis f´´´ | C bis f´´´ | C bis d´ (optional bis f´) |
Viola da Gamba 8´ | Gedackt 8´ (Rekonstruktion) | Subbaß 16´ (Restaurierung) |
Principal 4´ (Prospekt) | Rohrflöte 4´ (Rekonstruktion) | Principalbaß 8´ (Restaurierung) |
Nasard 2 2/3´ (Rekonstruktion) | Cornett 3fach (Rekonstruktion) | |
Spitzflöte 2´ (Rekonstruktion) | ||
Mixtur 3fach 1 1/3´ (Rekonstruktion | ||
Angebot 3b („barocke Klangstilistik mit einem Manual und Pedal unter Wiederverwendung der historischen Pedal-Windladen des Orgelbauers Nicolaus Schrickel und Pfeifenmaterial des historisch gewachsenen Bestandes“)
Manual | Pedal | |
Gedackt 8´ (vorhanden) | Subbaß 16´ (Restaurierung) | |
Viola da Gamba 8´ | Principalbaß 8´ (Restaurierung) | |
Prinzipal 4´ (Prospekt) | ||
Rohrflöte 4´ (Rekonstruktion) | ||
Nasard 2 2/3´ (Rekonstruktion) | ||
Spitzflöte 2´ (Rekonstruktion) | ||
Sifflöte 1´ od. Quinte 1 1/3´ (Rekonstruktion) | ||
Cornett 3fach (Rekonstruktion) | ||
Mixtur 3fach 1 1/3´ (Rekonstruktion) |
Anmerkungen
1) Der Begriff „Restaurierung“ wird hier als Oberbegriff für alle Maßnahmen verwendet, die der Bewahrung der Substanz eines historischen Objekts in einem gebrauchsfähigen Zustand
dienen. Im Zuge einer Restaurierung wird sowohl der Zustand wie auch der Alterungsprozess des Gegenstands dokumentiert.
„Konservierung“ hat das konkrete Ziel, den weiteren Verfall eines (historischen) Objekts zu verhindern; bei einer „Rekonstruktion“ werden fehlende oder defekte Teile anhand historischer Vorbilder nachgebildet.
Abzugrenzen von der Restaurierung sind die „Instandsetzung“ und „Sanierung“, bei denen verbrauchte oder zerstörte Teile ersetzt bzw. repariert werden.
2) Ahlsdorf hat ca. 230 Einwohner, von denen 92 der Kirchengemeinde angehören (Stand: Juni 2015).
3) vgl. hierzu die Anmerkungen zum Kapitel „Gewachsenes bürgerschaftliches Engagement:
Die Interessengemeinschaft und ihr ´Orgelförderkreis Ahlsdorf´ “ sowie den Spendenaufruf „Orgelpfeifen suchen Paten“ (www.orgel-ahlsdorf.de)
4) siehe die Ausgaben der Lausitzer Rundschau (Herzberger Rundschau) vom 06.08.2014 und vom 02.09.2014
5) Der Gemeindekirchenrat traf sich zu einer Beratung am 02.09.2013 mit dem Orgelsachverständigen Gerhard Noetzel und den Mitgliedern der Kirchengemeinde Ahlsdorf Dorit Zaffky, Dr. Martin
Wehner und Hans Werner Unger.
An der Beratung am 22.11.2013 nahmen Vertreter der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Elbe-Elster, des für die Kirchensanierung zuständigen Architektenbüros Angelis & Partner
Herzberg, der Kirchenbaureferent und der Orgelsachverständige des Kirchenkreises Bad Liebenwerda sowie zwei Vertreter der Kirchengemeinde Ahlsdorf teil.
6) Frühzeitig wurde dahingehend Übereinstimmung erzielt, dass die neobarocke Werkfassung von 1961 nicht beibehalten werden soll. Es war abzuwägen zwischen einer barocken Klangstilistik und
der Restaurierung bzw. Rückführung in romantischer Ausrichtung in der Nachfolge von Nicolaus Schrickel.
Bereits 2009 hatte der Orgelbaumeister Markus Voigt dem zuständigen Pfarramt Schönewalde „Vorüberlegungen zur Restaurierung der Orgel in der Barockkirche Ahlsdorf“ mitgeteilt und die
(„nach Aktenlage“ [?]) die Disposition des „romantischen“ Vorgängerinstruments beschrieben, das er – nach damaligem Kenntnisstand - aus der Werkstatt von Conrad Geißler vermutete.
Hier die Dispositionen im Vergleich:
die "romantische" Orgel, vor 1961 | die "neobarocke" Orgel, 1961 | |
I. Manual: Principal 8´ | I. Manual: Gedackt 8´ | |
Principal 4´ | Principal 4´ (wiederverwendet) | |
Hohlflöte 8´ | Oktave 2´ | |
Gambe 8´ | Sifflöte 1 1/3´ | |
[?] | Mixtur 4fach 1 1/3´ | |
II. Manual: Geigenprincipal 8´ | II. Manual: Quintatön 8´ | |
Pedal: Subbaß 16´ | Pedal: Subbaß 16´(wiederverwendet) |
Vgl. zu dieser Problematik folgende Texte der Homepage:
"Die Orgellandschaft im Norden des Elbe-Elster-Kreises" "Zur Geschichte der Orgel in der Barockkirche Ahlsdorf"
Bürger helfen ihrer Orgel
Ahlsdorfer „Königin“ soll zum Reformationsjubiläum erklingen
Eine frohe Botschaft macht aus der Ahlsdorfer Kirche kommend die Runde: 70 Bürger haben mit
ihren Patenschaften für die Orgelpfeifen mehr als 20 000 Euro gespendet.
Damit ist der Eigenanteil der Gemeinde für den ersten Bauabschnitt zur Wiederherstellung
des Instruments gesichert.
Ahlsdorf. Wahrlich alle Register werden seit etwa eineinhalb Jahren gezogen, um die orgelklanglose Zeit in der Ahlsdorfer Barockkirche zu beenden. Ziel ist, das restaurierte Instrument im Herbst 2017 im Rahmen des Reformationsjubiläums erstmals klingen zu lassen. Die Chancen dafür stehen gut, denn die Idee, Patenschaften für die 500 Orgeltönezu vergeben, hat im Ort, aber auch deutschlandweit große Resonanz gefunden.
Im Orgelförderkreis, unterm Dach der Interessengemeinschaft „Kranichgrund“ agierend, halten Dorit Zaffky, Hans Werner Unger, Dr. Martin Wehner, Harry Lademann, Liese-Lotte Sturm und Heidrun Globig die Daumen hoch: „Danke, danke, danke!“ übermitteln sie allen Paten. Ihr bürgerschaftliches Engagement ist ausschlaggebend dafür, dass die Landeskirche mit 25 000 Euro und der Kirchenkreis mit 16 300 Euro tief in die Taschen gegriffen haben, um die Finanzierung zu ermöglichen. Der Landkreis Elbe-Elster hat 2500 Euro beigesteuert, die Restsumme bis zum Gesamtbetrag
von circa 80 000 Euro für den ersten Bauabschnitt wird durch ein Darlehen aufgebracht. Der Gemeindekirchenrat des Kirchspiels Schönewalde hat
jetzt den Auftrag an die Orgelbaufirma Voigt in Bad Liebenwerda vergeben. „Altmeister Voigt hat das Instrument vor einem halben Jahrhundert schon
einmal restauriert“, weiß Unger. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die damals barocke Orgel eine romantische Klangfarbe erhalten. Nachdem die Dorfkirche 2014 in voller barocker Pracht saniert werden konnte, soll die „Königin“ künftig wieder in ihrer ursprünglichen Klangwelt spielen.
Im ersten Bauabschnitt wird die Orgel komplett demontiert, ihre Einzelteile werden größtenteils in der Bad Liebenwerdaer
Werkstatt konserviert und restauriert. Zudem sind fehlende Teile im Sinne des Denkmalschutzes zu ergänzen. Die komplette
Bespielbarkeit wird aber erst mit der Realisierung des zweiten Bauabschnitts erreicht. Dieser ist mit etwa 40 000 Euro veranschlagt. Pfarrer Volkmar Homa: „Wir hoffen auf einen Zuschuss von der Stiftung Orgelklang. Ein Antrag ist gestellt.“ Jetzt kommt es darauf an, noch einmal um Patenschaften für die Orgelpfeifen zu werben, um die Eigenmittel für den zweiten Bauabschnitt aufzubringen. „Wenn uns das gelingt, stehen die Chancen
gut, dass unsere Königin im Herbst 2017 in den Lobgesang zum Reformationsjubiläum einstimmen kann“, so Dorit Zaffky. Immerhin gibt es reichlich Hinweise darauf, dass Luther vor 500 Jahren höchstpersönlich seine Lehren in der Ahlsdorfer Kirche verbreitet hat. gzn1
ORGELPFEIFEN-PATEN | Quelle: Lausitzer Rundschau vom 18. Juni .2016 |
Orgelförderkreis in der IG Kranichgrund Ansprechpartner:
Dorit Hertel (Vors.) | Tel: 0151 / 53035705 |
E-Mail: | orgel@kranichgrund.de |
Mit dem Orgelförderkreis zu Besuch in der Orgelbauwerkstatt
Quelle: hellinger-fotografie.de
Ahlsdorf im Sommer 2017: Orgelbauer am Werk
Quelle: hellinger-fotografie.de
Am Ziel: Die Orgel lässt ihre Stimme(n) wieder erklingen
In einem Zeitraum von drei Jahren wurde es möglich, die umfassende Restaurierung und Konservierung der Orgel in der Barockkirche Ahlsdorf vorzunehmen und abzuschließen. Das geschah durch den in Bad Liebenwerda beheimateten Mitteldeutschen Orgelbau A. Voigt. Die Projektleitung oblag dabei dem jungen Orgelbaumeister Lukas Ehlert. Im Festgottesdienst am 29. Oktober 2017, der im Mittelpunkt des zweitägigen Reformations- und Orgeljubiläums mit Konzerten und Vorträgen stand (s. die Seite „Konzerte und Veranstaltungen“), erklang das neue alte Instrument sowohl in liturgischer wie in konzertanter Funktion. Die Orgel präsentiert sich heute als zweimanualiges Instrument mit Pedal in barocker Klangstilistik auf der Basis des historischen Pfeifenmaterials und der vorhandenen Windladen. Die Tontraktur ist mechanisch, ebenso die Registertraktur. Die Intonation ist auf den ursprünglichen Charakter des Pfeifenwerks abgestimmt. Die Stimmtonhöhe beträgt für den Stimmton a´ bei 17° C 440 Hz; die Temperierung ist ungleich schwebend ausgeführt. Der noch vorhandene historische Keilschöpfbalg wurde instand gesetzt, so dass es möglich ist, die Orgel auch ohne elektrischen Wind spielen zu können.
Die endgültige Disposition:
I.Manual (Hauptwerk) C - f ´´´ II.Manual (Oberwerk) C - f´´ Pedal C - d´
Viola da Gamba 8´ Gedackt 8´ Subbaß 16´
Prinzipal 4´ Flauto traverso 4´ Principalbaß 8´
Nasard 2 ²/3´ Cornett 3fach
Spitzflöte 2´
Mixtur 1 1/3´
Spielhilfen: Manualkoppel, Pedalkoppeln I/P und II/P
Im Rahmen des Festgottesdienstes stellte die Herzberger Kantorin Solveig Lichtenstein die vielfältigen Möglichkeiten des doch relativ kleinen Instruments mit folgendem Programm eindrucksvoll vor:
Freude und Dankbarkeit sind die bestimmenden Gefühle, wenn die Ahlsdorfer Orgel erklingt – Dankbarkeit gegenüber den Institutionen, die großzügig Fördermittel zur Verfügung gestellt haben:
die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland aus ihrem Orgelfonds
der Evangelische Kirchenkreis Bad Liebenwerda
Bundesregierung und Landesregierung aus dem Orgelprogramm 2016 des Bundes
der Landkreis Elbe-Elster
die Deutsche Stiftung Denkmalschutz
und nicht zuletzt gegenüber den zahlreichen Privatpersonen aus Ahlsdorf und vielen anderen Orten, die das Projekt finanziell unterstützt haben und denen auf Spendertafeln im Kirchenraum ein Denkmal gesetzt werden soll.
(Im Herbst 2017)